Energie tanken im Beruf: Wie es Ihnen gelingt, neue Kraft zu schöpfen

Energiegeladen statt energielos: Das würden jetzt gerne viele Berufstätige sein. Sie fühlen sich durch die Corona-Krise ausgepowert, motivationslos und gestresst. Was hilft jetzt? Mathias Fischedick, Business-Coach und Autor des Buches „Mehr schaffen, ohne geschafft zu sein“, gibt in diesem Interview Tipps für mehr Kraft und Motivation im Berufsalltag.

Für wen dieser Artikel besonders interessant ist:

  • Sehnsüchtige, Berufserfahrene, Berufseinsteiger und Neustarter.

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Was Berufstätigen Kraft kostet und was ihnen Kraft gibt.
  • Warum Sinn ein Kraftspender ist.
  • Wieso ein Morgenritual und Pausen helfen, Energie zu tanken.
  • Literaturempfehlung.
  • Linkempfehlungen.

Durch die letzten Corona-Monate scheinen viele Berufstätige erschöpft zu sein. Können Sie das bestätigen? Was hören Sie von Ihren Klienten und Klientinnen?

Viele meiner Klienten sind durch das Homeschooling ihrer Kinder zusätzlich gestresst. Außerdem gönnen sie sich durch ihre Arbeit im Homeoffice weniger Pausen, da eine Mail die nächste jagt. Auch reiht sich fast den ganzen Tag ein Online-Meeting an das andere.

Reizbarkeit und Teamkonflikte in der Krise

Wie wirkt sich diese Erschöpfung im beruflichen Alltag aus?

Meine Klienten berichten, dass sie reizbarer sind und Konzentrationsschwierigkeiten haben. Die Führungskräfte unter meinen Klienten berichten, dass sie bei ihren Mitarbeitern eine immer geringere Motivation wahrnehmen.

Phänomene in der Pandemie sind auch Dünnhäutigkeit oder die Zunahme von Konflikten. Inwiefern ist das auch bei Ihnen im Coaching Thema?

Ich werde in letzter Zeit immer häufiger für Teamworkshops gebucht, weil die Kollegen nicht mehr miteinander zurechtkommen. Es wird immer weniger miteinander kommuniziert, man geht einander aus dem Weg. So gehen wichtige Informationen verloren. Man unterstützt sich nicht und macht sich gegenseitig das Leben schwer.

Sind Sie zurzeit ebenfalls erschöpft und geschafft?

Durch die aktuellen Umstände sind meine Klienten oft kraftloser als früher. Das bedeutet für mich, dass ich mehr Energie investieren muss, um ihnen neue Kraft zu geben. Auf Dauer ist das auch für mich anstrengend. Das merke ich daran, dass ich mir öfter als in der Vergangenheit Pausen nehme, meditiere und Sport mache, um meine Akkus aufzuladen.

Mehr Verantwortung und ständige Änderungen kosten Kraft

Warum sind wir so geschafft? Was stresst uns aktuell am meisten?

Zum einen stresst uns die soziale Isolation. Wir sind nun mal soziale Wesen und brauchen den direkten Austausch und die Nähe zu anderen Menschen. Aktuell haben wir vor allem digitale Kontakte oder begegnen anderen nur mit Abstand. All das wirkt sich auf die Psyche aus. Zum anderen müssen wir alle durch die Umstände, die die Pandemie mit sich bringt, mehr Verantwortung übernehmen. Wir müssen unsere Arbeit umstrukturieren, unsere Kinder unterrichten und noch viele andere Aufgaben übernehmen, die uns früher abgenommen wurden. Dazu kommen noch die ständigen Änderungen der Corona-Maßnahmen, die uns zwingen, immer wieder unsere Tagesabläufe anzupassen. All das kostet Kraft. Uns fehlt als Gegenpol die Möglichkeit, Urlaub am Meer zu machen, uns mit Freunden auf einen Kaffee zu treffen und so weiter. Unsere Energiebilanz gerät immer weiter ins Minus.

Fragen nach dem Sinn nehmen zu

Gleichzeitig haben einige Menschen ein Bedürfnis nach Veränderung. Sie ziehen um oder wollen sich beruflich verändern. Haben Sie so etwas auch schon beobachtet?

Ich erlebe das bei einigen meiner Klienten. Durch die Arbeitsumstellung arbeiten viele zu Hause und denken durch diese Unterbrechung des jahrelangen Arbeitstrotts bewusster über ihr Leben und ihren Job nach. Bei dieser Selbstreflexion tauchen dann meist die Fragen auf: „Warum mache ich das hier eigentlich?“ und: „Was will ich wirklich?“ Die Bedrohung von Leib und Leben durch das Virus macht vielen noch einmal bewusster, dass unsere Zeit hier auf Erden endlich ist und wir sie deshalb sinnvoll nutzen sollten. Dabei hat jeder eine ganz persönliche Vorstellung davon, wann das eigene Leben mit Sinn erfüllt ist. Diese Erkenntnisse führen dann dazu, dass einige ihren Job, ihren Arbeits- oder Führungsstil infrage stellen. Sie lassen sich dann von mir als Coach unterstützen, um Klarheit über das zu finden, was sie wirklich wollen.

Meine These ist, dass Menschen auch deshalb Veränderung wollen, um sich gerade in der Pandemiesituation als selbstwirksam zu erweisen. Wie sehen Sie das? Warum möchten sich Menschen gerade jetzt verändern?

Ich denke, das ist eine der treibenden Kräfte. Wir können uns entweder als Opfer der Umstände sehen oder als Gestalter unseres Lebens. Ich kann versuchen, mich gegen eine sogenannte „fremdgesteuerte Veränderung“ wie die Pandemie zu wehren und bockig mein altes Leben zurückfordern. Das wird mir aber nicht gelingen, da das Virus nun mal da ist. Viel zielführender ist es in meinen Augen, die Umstände zu akzeptieren und sie als Chance zu sehen, mein Leben zu verändern.

Sinn bringt mehr Energie

Aber für Veränderung braucht man Kraft und die fehlt oft aktuell. Wie können Berufstätige ihre Energie-Akkus aufladen?

Wenn ich den Sinn einer Sache sehe, habe ich mehr Energie, als wenn ich sie als sinnlos erachte. Deshalb ist für mich der wichtigste Schritt, der eigenen Arbeit einen Sinn zu geben, sie mitzugestalten. Oftmals nutzen aber Angestellte genau diesen Gestaltungsspielraum nicht. Sie glauben, dass sie nichts beeinflussen können. Dabei haben sie es noch nicht mal probiert. Gerade wenn aufgrund der Umstellung aufs Homeoffice Dinge neu strukturiert werden, ist das die ideale Gelegenheit, um mitzugestalten.

Pausen als Kraftspender

Ein anderer wichtiger Kraftspender sind Pausen. Die Realität am heimischen Schreibtisch sieht aber so aus, dass wir oft fast ohne Unterbrechung durcharbeiten. Deshalb mein Tipp: Einen Wecker stellen und alle 90 Minuten für 15 Minuten Pause machen, in der man von Computer und Handy weggeht. Stattdessen kann man Musik hören, eine kleine Sporteinheit machen, eine Runde um den Block gehen, mit Kindern oder dem Hund toben, einen kleinen Snack einnehmen, tanzen, eine Runde Yoga oder Powernapp einlegen. All das sind Beispiele für Energiebooster, die uns schnell neue Kraft geben. Wir müssen uns nur Zeit dafür nehmen. Dabei übersehen viele, dass genau diese Zeit sehr gut investiert ist, da wir nach diesen regelmäßigen kraftspendenden Pausen viel mehr schaffen.

Kraftspender Morgenritual

Warum kann zum Beispiel ein Morgenritual Energie spenden?

Bei Morgenritualen geht es darum, sie bewusst zu tun, da sie uns Energie für den Tag geben sollen. Wenn ich nur aus Routine jeden Morgen gleich in den Tag starte, habe ich keinen Kontakt zu mir und nehme nicht wahr, was ich heute morgen brauche, um Kraft zu tanken. Deshalb überlege ich jeden Morgen beim Zähneputzen, was ich die halbe Stunde danach tue, damit ich einen guten Start habe. Manchmal ist es Lesen oder Musik hören, manchmal Yoga, Sport oder eine Meditation. Wir sind keine Maschinen, die jeden Tag ihre drei Tropfen Öl ins Getriebe brauchen, damit sie gut laufen. Wir sind Lebewesen, die je nach Tagesform etwas anderes benötigen, um gut in die Gänge zu kommen.

Es gibt nicht nur Verhaltensweisen, die Kraft geben. Es gibt auch welche, die Kraft rauben. Welche sind das?

Zum Beispiel Routinen! Nämlich genau dann, wenn wir sie nur aus Gewohnheit machen, ohne zu überprüfen, ob sie überhaupt noch sinnvoll sind. Deshalb finde ich es schlau, ab und zu sich selbst zu hinterfragen, warum wir die Dinge tun, die wir tun. Wenn wir dann zur Erkenntnis kommen, dass unser Weg immer noch sinnvoll ist, dann sollten wir ihn weitergehen. Wenn wir aber feststellen, dass die Tätigkeit überflüssig geworden ist oder es eine bessere Strategie gibt, dann sollten wir sie ändern.

Genauso raubt es uns Kraft, wenn wir uns immer nur nach anderen richten und unsere eigenen Bedürfnisse unterdrücken. Das heißt nicht, dass jeder zum großen Egoisten werden soll. Wir sollten nur öfter Dinge tun, die wir wirklich wollen, da uns dies Kraft gibt und uns motiviert. Und wenn wir voller Freude durch das Leben gehen, dann hat auch unser Umfeld etwas davon.

Selbsterkenntnis als Schritt in Richtung zu mehr Energie

Wie kann man kraftraubendes Verhalten vermeiden?

Der erste Schritt ist immer die Erkenntnis. Wenn wir zum Beispiel jeden Abend darüber reflektieren, was uns heute Kraft gegeben hat und was sie uns geraubt hat, dann können wir anfangen, ganz bewusst unser Leben so zu beeinflussen, dass unsere Energiebilanz immer positiver wird. Wir können uns öfter mit Menschen treffen, die uns Kraft geben und jene meiden, die uns Kraft rauben. Wir können häufiger genau die Dinge tun, die uns Energie schenken und so gut wie möglich die Dinge ändern, die uns zu viel Energie kosten. „Selbstverantwortung“ ist hier das Schlüsselwort.

Und noch eine Frage zum Schluss: Was machen Sie persönlich, wenn Sie erschöpft sind? Haben Sie einen Erste-Hilfe-Tipp gegen akute Energielosigkeit im Berufsalltag, den Sie selbst anwenden?

Wenn ich im Homeoffice arbeite, ändere ich öfter mal die Sitzposition und arbeite auch im Stehen – dank eines höhenverstellbaren Schreibtisches. Dadurch beuge ich Verspannungen vor. Außerdem gönne ich mir regelmäßig Bewegungspausen … und sei es nur durch einen Gang zum Briefkasten. Ein Stück meiner geliebten Zartbitterschokolade ist auch ein guter SOS-Energiespender.

Fragen an Sie:

Ich freue mich, dass Sie diesen Artikel gelesen haben! Jetzt möchte ich Ihnen ein paar Fragen stellen:

  • Was raubt Ihnen im beruflichen Alltag Kraft?
  • Was sind Ihre Energiespender?
  • Welche Tipps würden Sie Anderen geben?

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Bitte schreiben Sie auch einen Kommentar! Vielen Dank!Meine Literaturempfehlung:Bitte schreiben Sie auch einen Kommentar! Vielen Dank!

Meine Literaturempfehlung:

Mathias Fischedick: Mehr schaffen, ohne geschafft zu sein: Mit der Powerstrategie zu mehr Ausgeglichenheit und Erfolg, Piper, München 2021

Meine Linkempfehlungen:

Interview veröffentlicht Mai 2021)

(Copyright 2021 by Anja Schreiber)

Anja Schreiber
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine, Onlinemedien und eine wissenschaftliche Publikation. Außerdem bloggt sie regelmäßig.

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