Mut im Beruf: Mit Entschlossenheit Angst überwinden und Ziele erreichen

Mehr Mut im Beruf. Das wünschen sich viele. Sie sehnen sich nach mehr Selbstbestimmung, Zufriedenheit und Erfolg im Job. Und das ist oft ohne Mut nicht erreichbar. Aber nicht wenige Berufstätige hält Angst zurück. Coach Simone Gerwers will mit ihrem Projekt – den ‘Mutausbrüchen’ – Menschen helfen, mutiger zu werden. Das geschieht mit ihrem Buch „Mutausbruch – Das Ende der Angstkultur“, in ihrem Podcast und in ihren Coachings.

Für wen dieser Artikel besonders interessant ist:

  • Sehnsüchtige, Berufserfahrene, Berufseinsteiger und Neustarter.

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Wie sich Mut definieren lässt.
  • Warum Mut im Beruf so wichtig ist.
  • Wie Ihnen Mut im Job hilft.
  • Wie Sie mutiger werden.
  • Buchempfehlung.
  • Linkempfehlungen.

Mal ganz grundsätzlich gefragt: Wie ist das Verhältnis zwischen Mut und Angst?

Es gibt keinen Mut ohne die Angst. Mutig sein bedeutet: Handeln trotz Angst. Wenn wir etwas wagen, gehen wir durch sie hindurch. Was übrigens keinesfalls bedeutet, Angst zu ignorieren. Ganz im Gegenteil: Wir müssen sie annehmen und genauer hinschauen. Ängste sind ja per se nichts Schlechtes, sondern haben eine sehr wichtige Warnfunktion. Andererseits darf uns keine Angst aufhalten, unser Leben zu leben, unsere Unternehmen und die Gesellschaft zu gestalten. Mut liegt sozusagen zwischen dem Sofa der Komfortzone und dem Übermut. Und da Mut letztlich der Anfang von allem ist, wird es Zeit, unsere German Angst gegen eine Mutkultur auszutauschen.

“Mut beginnt im Kopf”

Was haben Risikobereitschaft und Versagenserwartung mit Mut zu tun?

Anlehnend an den Begriff der Risikokompetenz müssen wir Menschen wieder neu lernen, Risiken kompetent zu begegnen. Das schließt ein Risikobewusstsein, also die bewusste Gefahrenbewertung – gepaart mit einem hohen Maß an Selbststeuerung – ein. Risikokompetent handeln heißt, den Preis zu kennen, den ich möglicherweise zahle, wenn etwas schief geht. Was ist der Worst-Case? Habe ich /Haben wir die Kompetenz, auch im Fall eines Scheiterns handlungsfähig zu bleiben? Welche Haltung habe ich/haben wir zum Verfehlen und zum Scheitern? Was gewinne ich/gewinnen wir, wenn wir dieses Wagnis eingehen? Ist das Risiko diesen Preis wert? Risikokompetenz braucht in diesen Wandelzeiten ein neues Denken, einen Blick aus der Systembrille und die Abkehr von kausalen Denkprozessen. Und es benötigt die Bereitschaft, Fehler als eine mögliche Option einzukalkulieren.

Versagenserwartung ist dagegen etwas, was uns nicht nur „unmutig“ macht, sie ist sogar Selbstboykott. Kein Sportler zieht in einen Wettkampf und rechnet am Start mit seinem Versagen! Erwarte ich mein Versagen, dann bin ich vom Mindset her „falsch“ aufgestellt. Mut beginnt zunächst im Kopf. Jeder Wandel findet bekannterweise zuerst in unseren Gedanken statt und befördert Emotionen, die uns in Begeisterung losgehen lassen oder ausbremsen. Das Zauberwort heißt „Fokus“. Unsere Energie folgt tatsächlich immer unserem Fokus. Die Frage ist doch: Wollen wir all unsere Energie der Angst widmen und scheitern, bevor wir losgegangen sind?! Oder wollen wir unsere Energie dem widmen, was wir uns erträumen, unseren Zielen und Wünschen? Am Ende ist es eine Entscheidung, ob wir etwas wagen oder verzagen. Diese Entscheidung wird unreflektiert schnell zu einer Haltung, die unsere Lebensqualität bestimmt. Mutig gestalten oder gestaltet werden?! Seine Haltung zu reflektieren ist deshalb der Anfang eines jeden Mutmuskeltrainings.

Wie wichtig ist Mut im beruflichen Alltag? Können Sie dazu Beispiele nennen?

Mut brauchen wir überall im Alltag, im Großen wie auch im Kleinen. Ich bin überzeugt, dass in unserer sich rasant verändernden Welt Mut zur Schlüssel-Kompetenz von Gegenwart und Zukunft geworden ist. Vielleicht erfordert es unseren ganzen Mut, ein Projekt als gescheitert zu erklären, einen Fehler öffentlich zu machen, eine Entscheidung zu widerrufen, das Kritikgespräch zu führen oder sich zu trauen, den nächsten Karriereschritt zu gehen. In Unternehmen durchlaufen wir Change über Change. Doch wieviel Unsicherheit kann ein Mensch aushalten? Wir brauchen Kompetenzen, der permanenten Unsicherheit zu begegnen. Unser Mut entscheidet letztlich über unseren Erfolg, die Qualität unseres Lebens. Das Neue wartet nicht im Altbekannten auf uns. Wir müssen bereit sein, Wagnisse einzugehen. Wie heißt es doch: „Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.“ (André Paul Guillaume Gide)
In diesem Sinn: Es ist Zeit für Mutausbrüche.

Wagnisse eingehen

Wie wichtig ist Mut in Entscheidungsphasen wie der Berufswahl oder der beruflichen Neuorientierung?

Mittlerweile ist uns klar geworden, dass es keine Sicherheit und damit keine sicheren Entscheidungen gibt. Das gilt selbstverständlich auch für die berufliche Orientierung und Karriereplanung. Entscheidungen von heute können schon morgen als verfehlt gelten. Was für ein Dilemma! Wir leben unser Leben vorwärts und bewerten es dann irgendwann aus der Retroperspektive. Der Versuch, heute „richtige“ Entscheidungen für „morgen“ zu treffen ist also immer auch von Unsicherheit gespickt. Wir tun gut darin, uns heute mutig für das zu entscheiden, das für uns jetzt wesentlich ist. Weder unser Erfahrungswissen, noch der Blick in die Glaskugel bieten Optionen. Die Zukunft ist schlichtweg unbekannt. Ich hatte an anderer Stelle schon erwähnt, dass wir lernen müssen, mit Risikokompetenz zu entscheiden. Verfehlungen und Verirrungen einzukalkulieren gehört da unbedingt dazu. Aber was ist schlimm dran? Unsere Lebenspfade sind längst nicht mehr so geradlinig und konstant, wie die unserer Eltern. Eine Berufsausbildung, ein Arbeitgeber, ein Wohnort …. das sind Lebenskonzepte, die bis bestenfalls noch in die 80er Jahre reichten. Wichtig ist, dass wir heutige Lebensentwürfe nicht aus der Unstabilität des Außen planen, sondern in das vertrauen, was wir da entscheiden, weil wir uns vertrauen. In diesem Vertrauen in uns selbst können wir uns, wenn erforderlich, wieder neu- oder umorientieren. Nichts ist für die Ewigkeit, wir leben in Wandelzeiten. Gut, wer in Mut gegründet ist.

Mut macht Mut

Was macht Menschen mutig, was macht sie mutlos? Wie beeinflussen zum Beispiel unsere Lebensumstände und unsere Erziehung unseren Wagemut?

Mut ist eine Haltung. Mit welcher Haltung blicke ich auf das Leben, auf mögliches Scheitern und auf den Erfolg? Welches Selbstbild trägt mich? Wie bewusst bin ich meiner Eigenstärke? Wer gelernt hat, dass er für sich und sein Leben, für das, was er tut und unterlässt, Verantwortung trägt, ist auch bereit, dafür ein Wagnis einzugehen. Es ist ein Geschenk, wenn uns eine solche Haltung vorgelebt wurde. Ich nenne das Mutanstiftung. Mut macht quasi Mut. Und zu guter letzt trainieren wir unseren Mutmuskel mit jedem Schritt aus der Komfortzone heraus.

Kann man Mut erlernen? Wie kann das gelingen?

Die gute Nachricht ist tatsächlich, dass wir Mutig-Sein lernen können. Die erste Variante haben wir ja bereits beschrieben: die Mutanstiftung. Sie ist letztlich etwas, was man auch als Lernen am Modell beschreiben könnte. Unser gezeigter Mut überträgt sich auf andere Menschen. Die zweite Art, unseren Mut zu stärken, liegt bei uns. Es geht darum, ein Mindset zu entwickeln, dass auf einem starken Selbst gegründet ist und uns durch die Unsicherheit trägt. Die Basis ist die Bereitschaft zur Reflexion. Ich benutze gern den Vergleich eines Baumes im Sturm. Ein Baum ist über sein Wurzelwerk gut im Boden gegründet. Ein Sturm haut ihn nicht unbedingt sofort um. Wenn der Wind der Veränderung weht, ist er standfest. Seine Äste, Zweige und Blätter sind dagegen flexibel. Diese innere Standfestigkeit braucht ein Mensch, wenn er mutig in der Welt des Wandels agieren will und muss. Menschen, die über innere Stärke verfügen, sind Menschen mit einem klaren Mindset. Ich beschreibe in meinem Buch sieben Mutquellen – Fokus, Risikokompetenz, Demut, Vertrauen, Verantwortung, Resilienz und Joyfear* -, über die wir dieses Mindset stärken können und damit unseren Mutmuskel Schritt für Schritt wachsen lassen. Mut ist damit nicht nur eine Haltung, sondern auch eine Entscheidung.
*(Joyfear lässt sich mit Furchtfreude übersetzen. Sie entsteht zum Beispiel beim Fallschirmspringen. Sie beschreibt den Sprung ins Neue/Unbekannte und den Moment, wenn wir ins Wagnis springen, weil die Begeisterung und Neugier größer sind als unsere Angst. )

Werte und Motivation machen mutig

Wer mutig ist, hat die Bereitschaft, sich Widerständen entgegenzustellen. Wie wichtig ist diese Einstellung, um Erfolg im Beruf zu haben, aber auch um Zufriedenheit zu erleben?

Mut lässt uns für Dinge einstehen oder Wagnisse eingehen, die für uns von wesentlicher Bedeutung sind. Dahinter steht die Frage nach unserer Motivation, nach unserem Warum? Eine starke Motivation, getragen von unseren Werten ist eine stabile Basis und hat eine starke Zugkraft. Warum tue ich, was ich tue? Was trägt mich durch ein Risiko? Neben den Werten befördert auch die Sinnhaftigkeit unseren Mut. Die Frage nach dem WOFÜR gibt uns die Antwort. Wenn diese Anbindungen fehlen, bröckelt auch unser Mut. Couragierte Menschen wissen dagegen um ihr Warum und ihr Wofür. Dafür sind sie bereit, ein Wagnis einzugehen. Diese Eigenstärke und Gestaltungskraft machen uns letztlich zufrieden und glücklich.

Mut als individuelle Größe

Es gibt auch den Übermut und die Mutlosigkeit als Zerrformen des Muts. Wie kann es einem Menschen im beruflichen Kontext gelingen, das richtige Maß an Mut zu finden?

Ein richtiges Maß gibt es aus meiner Sicht nicht. Mut ist eine zutiefst individuelle Größe, gebunden an Persönlichkeit und Kontext. Das trifft für den Job und unser Privatleben gleichermaßen zu. Übermut entsteht, wenn wir nicht bei uns sind, wenn wir aus dem Außen agieren. Vielleicht haben wir die Siegertreppe im Visier, wollen andere Menschen beeindrucken oder jagen auch einem falschen Erfolgsbild nach. „Echter Mut“ ist das, was wir uns und anderen bewusst zumuten können. Es ist ein Mut, der aus einer Haltung zum Leben erwächst. Seine Wurzeln sind vom eigenen Mindset getragen. Mut entspringt letztlich unserem Herzen. Jeder hat es schon einmal erlebt, dass er voller Neugier und Begeisterung „beherzt“ in ein Wagnis gesprungen ist. Mutig entdecken Kinder so das Leben. Irgendwann auf dem Lebensweg sind es wir Erwachsenen dann oft, die ihnen das Mutig-Sein abtrainieren und unser ängstliches Sicherheitsdenken überstülpen. Schade eigentlich.

Ich habe mich irgendwann entschieden, mein Leben in Mut zu leben. Angstfreiheit können wir zwar nicht erlangen, aber wir können uns auf eine persönliche Reise begeben, reflektiert die Komfortzone auszuweiten. Jedes mutige Handeln lässt uns wachsen. Also nichts wie raus aus der Gewohnheitsfalle und ausprobieren! Führungskräfte, die Mitarbeiter wollen, die mutig Veränderung gestalten, kommen nicht umhin, genau das vorzuleben. Auch hier starten wir mit dem Blick in den Spiegel.

Wie lässt sich das lernen?

Das beste Muttraining ist ganz sicher Selbstreflexion, am besten gepaart mit Tun. Damit unser Mutmuskel in seinem Tempo wächst und wir uns nicht überfordern, in Übermut oder Unmut verfallen, gilt es zu üben. Mut trainieren ist sozusagen „Komfortzonenstretching“.
Und wenn wir die Augen für mutige Menschen offen halten, dann holen wir uns nebenbei noch ein Portion Mutanstiftung ab. Ich sagte es ja bereits: Mut macht Mut.

Fragen an Sie:

Ich freue mich, dass Sie diesen Artikel gelesen haben! Jetzt möchte ich Ihnen ein paar Fragen stellen:

  • Wann fehlt Ihnen im Berufsalltag der Mut?
  • Wann sind Sie mutig?
  • Welche Mutmach-Tipps würden Sie Anderen geben?

Gefällt Ihnen der Artikel? Ist er hilfreich? Dann würde ich mich über einen Like auf meiner Facebookseite freuen!

Bitte schreiben Sie auch einen Kommentar! Vielen Dank!

Meine Literaturempfehlung:

Simone Gerwers: Mutausbruch. Das Ende der Angstkultur, Midas Verlag, Zürich 2021

Meine Linkempfehlungen:

(Interview veröffentlicht Juli 2021)

(Copyright 2021 by Anja Schreiber)

Anja Schreiber
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine, Onlinemedien und eine wissenschaftliche Publikation. Außerdem bloggt sie regelmäßig.

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert