Frauen als Führungskraft: Nachhaltige Personalplanung wichtig

Frauen in Führungspositionen … sie sind noch immer eine Minderheit. Doch es gibt sie auf allen Führungsebenen. Und das Bewusstsein steigt, dass es sinnvoll und notwendig ist.

So steht es um die Aufstiegschancen von Frauen im Beruf.
So steht es um die Aufstiegschancen von Frauen im Beruf.

Für wen dieser Artikel besonders interessant ist:

  • Berufseinsteigerinnen, Berufserfahrene und Studierende.

Im Jahre 2012 lag der Frauenanteil bei den obersten Führungskräften in der Privatwirtschaft bei 26 Prozent, so aktuelle Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Auf der zweiten Führungsebene betrug ihr Anteil 38 Prozent. “Die Zahlen sind auf den ersten Blick ernüchternd”, betont IAB-Forscherin Dr. Susanne Kohaut. “Denn der Frauenanteil auf der höchsten Führungsebene ist gegenüber 2008 nur um einen Prozentpunkt gestiegen. Und immer noch werden kleine Unternehmen wie Friseurbetriebe häufiger von Frauen geführt als große”, berichtet Kohaut. Doch die Wissenschaftlerin erkennt auch Zeichen der Veränderung: “Bei der Talentauswahl achten Firmen inzwischen verstärkt auf Frauen. Hintergrund ist sicher auch die öffentliche Diskussion um die Frauenquote, aber auch der demographische Wandel und der damit verbundene Fachkräftebedarf, der eine interne Förderung nötig macht.”

Frauen brauchen Vorbilder

So bemüht sich zum Beispiel die Allianz Gruppe vermehrt um einen höheren Frauenanteil: “Bereits im Jahr 2008 haben wir uns entschieden, bis 2015 beim weltweiten Talentpool für Führungskräfte einen Frauenanteil von 30 Prozent zu erreichen”, betont Veronica Schilling, Diversity-Managerin der Allianz Gruppe. Beim Pool der Bereichsleiter und der obersten Führungsebene wird die Allianz ihr Ziel vorraussichtlich in einem Jahr umgesetzt haben. Beim Talentpool für das mittlere Management ist der Versicherungskonzern schon einen Schritt weiter: das Ziel ist seit 2012 erreicht. Schon jetzt sitzen im zwölfköpfigen Aufsichtsrat der Allianz Holding vier Frauen. “Das ist wichtig, damit Frauen Vorbilder haben.”

Um das Potential an weiblichen Führungskräften auszuschöpfen, hat die Allianz das “Sponsorship for Diverse Leadership program” ins Leben gerufen: “Dabei kümmern sich Top-Manager zwei Jahre lang persönlich und individuell um das Fortkommen der talentiertesten Frauen unseres Unternehmens. Gemeinsam bereiten sie den nächsten konkreten Karriereschritt vor”, erklärt Schilling.


Frauen gewinnen

Auch jenseits des Topmanagements wirbt die Allianz Gruppe auf allen Ebenen um weibliche Führungskräfte. “In unseren Personalentwickungsgesprächen versuchen wir Frauen zu gewinnen, die bisher über eine Führungsposition noch nicht nachgedacht haben”, so Schilling. Sie sieht die Allianz auf einem guten Weg. “Doch noch immer gibt es das unbewusste Vorurteil, dass sich Frauen weniger als Führungskräfte eignen. Diese Denkmuster versuchen wir durch gezielte Trainings zu überwinden.”

Die Bergader Privatkäserei aus Waging hat auf der höchsten Leitungsebene bereits einen Frauenanteil von 30 Prozent. Denn unter den drei Geschäftsführern ist eine Frau. “Außerdem haben wir eine Finanzchefin. 60 Prozent aller Bezirksleiter im Bereich Vertrieb sind weiblich”, betont Georg Lampersperger, Personalleiter der Privatkäserei. “Gerade die kommunikativen Fähigkeiten von Frauen sind im Vertrieb gefragt, wie zum Beispiel empathisch auf das Gegenüber zu reagieren. Deshalb setzen sie sich als Führungskräfte auch durch.”

Langfristige Personalplanung

Eine spezielle Frauenförderung gibt es bei dem mittelständischen Unternehmen Bergader nicht, wohl aber kommt die nachhaltige Personalentwicklung auch Frauen zugute. “Wir haben eine sehr geringe Fluktuation. Deshalb können wir uns sehr langfristig um die Nachfolge von Führungskräften kümmern”, berichtet Lampersperger. Dabei setzt das Unternehmen insbesondere auf die interne Weiterentwicklung von Frauen und Männern, die im Betrieb ausgebildet wurden. “Wir überlegen uns ganz genau, wer zu welcher Führungsposition passen könnte. So werden wir auch auf Frauen aufmerksam und bestärken diese.” Das Unternehmen legt einen konkreten Entwicklungsplan fest, zu dem Einzelcoaching, Persönlichkeitsentwicklung sowie die Vermittlung von Führungs- und Organisationswissen gehört. Die persönliche Situation der künftigen Führungskraft mit ihren familiären Anforderungen wird dabei genauso berücksichtigt wie die Work-Life-Balance.

Im Vergleich zur Privatwirtschaft liegt der Frauenanteil auf der ersten Führungsebene im öffentlichen Sektor mit 38 Prozent zwar höher als in der Privatwirtschaft. Doch Kohaut betont: “60 Prozent der Beschäftigten sind weiblich. Daran gemessen sind auch hier die Frauen genauso unterrepräsentiert wie in der Privatwirtschaft.”

Die Landeshauptstadt München liegt mit einem Frauenanteil von 47,5 Prozent bei den Führungskräften ganz weit vorn: “Wir haben Hauptabteilungsleiterinnen, aber auch eine Branddirektorin, also eine Frau an der Spitze in einer traditionellen Männerdomäne”, erklärt Dr. Thomas Böhle, Personal- und Organisationsreferent der Stadt München. Die Landeshauptstadt bietet nicht nur spezielle Führungsfortbildungen für Frauen an, sondern auch Teilzeitregelungen für Führungskräfte. “19 Prozent aller Führungskräfte arbeiten bei uns Teilzeit, davon sind fast 80 Prozent Frauen“, erklärt Böhle. “Einer Frau in einer Führungsposition halten wir in der Elternzeit drei Jahre lang ihre Stelle frei.” Damit will die Landeshauptstadt einem Karriereknick ihrer weiblichen Führungskräfte in der Familienphase entgegenwirken.

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(Veröffentlicht bei der Süddeutschen Zeitung, Mai 2014)
(Copyright 2014 by Anja Schreiber)

Anja Schreiber
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine, Onlinemedien und eine wissenschaftliche Publikation. Außerdem bloggt sie regelmäßig.

2 Kommentare

  1. Als langjähriger Mitarbeiter der Privatkäserei Bergader kann ich Ihnen zu diesem Artikel mitteilen, dass die Aussagen der Personalleitung schlichtweg aus der Luft gegriffen sind. Es werden weder weibliche, noch männliche Mitarbeiter speziell (und nach persönlichen Interessen) gefördert. Führungspositionen werden fast ausschließlich von extern besetzt.
    Die weibliche Spitzenführungskraft ist außerdem die Inhaberin des Privatunternehmens.
    Und der Begriff Work-life-Balance dürfte meiner Meinung nach auch nicht im Zusammenhang mit diesem Arbeitgeber in einem ernsthaften Artikel erscheinen.

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