Der Lohn-Unterschied: Frauen verdienen weniger als Männer

Frischgebackene Akademikerinnen haben weniger in der Tasche als ihre männlichen Kollegen…das hat eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) herausgefunden. Die Gründe dafür sind vielfältig. So ist die Frauenquote in jenen Fächern besonders niedrig, in denen oft die höchsten Startgehälter gezahlt werden.

Akademikerinnen haben weniger in der Tasche als ihre männlichen Kollegen.
Akademikerinnen haben weniger in der Tasche als ihre männlichen Kollegen.

Für wen dieser Artikel besonders interessant ist:

  • Berufseinsteigerinnen, Berufserfahrene und Studierende.

“Über alle Branchen und Studienfächer hinweg liegt der Lohn von Hochschulabsolventinnen bei durchschnittlich 90 Euro pro Bruttotageslohn. Männer verdienen dagegen im Schnitt 111 Euro. Das macht einen Lohnunterschied von 23 Prozent aus”, berichtet Dr. Gabriele Wydra-Somaggio vom IAB Rheinland-Pfalz-Saarland. “Bei diesen Zahlen wurden alle Akademiker beiderlei Geschlechts erfasst, egal welchen Studienabschluss und welches Fach sie studiert haben und in welcher Branche sie arbeiten.”

Studienfach erklärt zu 40 Prozent Gehaltslücke

Der Grund für diese erheblichen Gehaltsunterschiede liegt insbesondere in der Fächerwahl, die bei Frauen und Männern unterschiedlich ausfällt. So ist der Frauenanteil in den Erziehungswissenschaften sowie in den Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften sehr hoch. Die Absolventen dieser Fächer verdienen aber erheblich weniger als die Absolventen technischer und naturwissenschaftlicher Fachrichtungen. In diesen MINT-Fächern ist die Frauenquote zudem besonders niedrig! Fazit von Wydra-Somaggio: “Das Fach erklärt zu 40 Prozent, warum es gleich beim Berufseinstieg zu einer geschlechtsspezifischen Lohnlücke kommt. Also stellt die Wahl des Studienfaches entscheidende Weichen für die Erwerbskarriere von jungen Akademikerinnen.”

Svenja Hofert kennt aus ihrer Erfahrung als Karrierecoach das Problem der Gehaltsunterschiede: “Ich berate nur eine einzige Frau, die mehr als 150.000 Euro im Jahr verdient, aber zahlreiche Männer in dieser Gehaltsklasse.” Auch sie sieht in der Studien- und Berufswahl einen zentralen Grund für das Einkommensgefälle. “Viele Hochschulabsolventinnen interessieren sich vor allem für Branchen wie zum Beispiel Kultur, Medien, Mode oder Tourismus, in denen das Gehalt geringer ausfällt als zum Beispiel in den Technikbranchen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass nun alle Frauen MINT-Berufe ergreifen sollten.”

Doch auch wenn Frauen die gleiche Studienwahl treffen und in der gleichen Branche arbeiten wie die Männer, heißt das noch lange nicht, dass sie gleichermaßen lukrative Stellen besetzen. “Oft gehen Akademikerinnen in einen Betriebszweig, in dem weniger verdient wird – wie zum Beispiel Personal und Marketing -, während viele Männer im Vertrieb deutlich mehr Gehalt bekommen”, so Hofert. Sie stellt fest, dass Frauen im Laufe ihrer Karriere immer wieder Entscheidungen treffen, die sich tendenziell negativ auf ihren Lohn auswirken. Das zeigt sich zum Beispiel am Bewerbungsverhalten: “Während sich Männer bereits nach einem Jahr auf den Posten eines Seniors bewerben, glauben Frauen, dass sie auch nach drei Berufsjahren für eine solche Stelle noch nicht genug Erfahrung gesammelt haben.”

Männer haben bessere Chancen bei der Gehaltsverhandlung

Nur mit der Studien- und Berufswahl lassen sich die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern nicht begründen: “Es ist problematisch, Frauen den ‘Schwarzen Peter’ zuzuschieben, weil sie sich für ein weniger lukratives Studium entschieden haben. Abgesehen davon haben Männer bei Gehaltsverhandlungen meist bessere Chancen”, betont Genderforscherin Dr. Christina Klenner vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in Düsseldorf. Zwar verbietet das Gesetz Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit. In Tarifverträgen ist festgelegt, was für welche Arbeit zu zahlen ist. “Aber nur die Hälfte aller Arbeitsverträge ist heute tariflich gebunden. Und selbst wenn: In jeder Lohnverhandlung gibt es ein subjektives Moment. Und da können sich Geschlechterstereotype und Vorurteile, nach denen Männer kompetenter sind und Frauen weniger berufsorientiert, schon mal einschleichen.” Auch wenn Diskriminierung in jedem Einzelfall nachgewiesen werden muss und viele Fälle gar nicht vor Gericht landen, kennt sie Beispiele von Ungleichbehandlung: “Einer Frau wurden einmal 60.000 Euro Jahresgehalt angeboten, während ihr Vorgänger auf dem gleichen Posten 64.000 Euro erhalten hat.”

Sieben Prozent weniger Lohn

Auch die IAB-Studie zeigt: Wenn bei weiblichen und männlichen Hochschulabsolventen Studienfach, Abschlussnote, Studiendauer, Betriebsgröße und das Abschlussjahr gleich sind, gibt es immer noch einen deutlichen Gehaltsunterschied. “Selbst bei diesem Vergleich verdienen junge Akademikerinnen immer noch sieben Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen”, so Wydra-Somaggio. Ob die Frauen aber aufgrund ihres Geschlechts beim Berufseinstieg benachteiligt werden, lässt sich mit diesen Zahlen nicht eindeutig belegen. “Wir bräuchten dafür einen statistischen männlichen und weiblichen Zwilling.”

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) geht allerdings nicht von sieben Prozent Lohnunterschied aus: “Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat in einer Studie eine Gehaltsdifferenz von zwei Prozent festgestellt. Je nachdem, welche Faktoren die Studien berücksichtigen, kommen sie zu anderen Ergebnissen”, betont Nora Fasse, Arbeitsmarkt-Expertin bei der BDA. Gründe für den zweiprozentigen Unterschied sieht Fasse vor allem in den familienbedingten Erwerbsunterbrechungen. “Gerade in diesem Bereich unterstützen viele Unternehmen ihre Beschäftigten, damit sie nach ihrer Elternzeit frühzeitig in den Betrieb zurückkehren können.” Beispiele dafür seien die Möglichkeiten zum Jobsharing, Eltern-Kind-Zimmer, aber auch Betriebskindergärten. “Entscheidend ist, dass wir die Ursachen für das unterschiedliche Erwerbsverhalten von Frauen und Männern angehen. Es ist Aufgabe der Politik, den weiteren Ausbau von ausreichenden und hochwertigen Angeboten an Ganztagskinderbetreuung und Ganztagsschulen voranzubringen. Fehlanreize im Steuer- und Sozialrecht sollten gemindert werden.”

Infos:

Das WSI GenderDatenPortal informiert über auf den jeweils aktuellen Stand der Berufstätigkeit von Frauen und Männern: www.wsi.de/genderdatenportal

Der Lohnspiegel berichtet über Mindest- und Tariflöhne. Er bietet unter anderem einen Brutto-Netto-Rechner sowie einen Lohn- und Gehaltscheck an: www.lohnspiegel.de

Der Frauen-Lohnspiegel informiert über das Thema Frauen und Gehalt: www.frauenlohnspiegel.de

 

Lesen Sie dazu auch den Artikel:

Lohn-Unterschiede zwischen Frauen und Männern:  Die Gehaltsverhandlung

(Veröffentlicht in der Berliner Zeitung, Oktober 2014)
(Copyright 2014 by Anja Schreiber)

Anja Schreiber
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine, Onlinemedien und eine wissenschaftliche Publikation. Außerdem bloggt sie regelmäßig.

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