Beruf und Privatleben vereinbaren: Das wollen Frauen und Männer, die nach einer Familienpause wieder in den Job einsteigen. Diesen Wunsch unterstützen auch immer mehr Arbeitgeber. Denn schließlich sind die Rückkehrenden in der Regel gut qualifiziert und ein Gewinn für die Unternehmen. Damit der Wiedereinstieg auch wirklich gelingt, ist aber eine richtige Kommunikation zwischen den Beschäftigten und dem Unternehmen notwendig.
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- Berufserfahrene und Neustarter.
“Im Idealfall sollten Frauen und Männer, die in Elternzeit gehen, schon vorher mit ihrem Arbeitgeber Gespräche über die Rückkehr führen”, erklärt Patrizia Worbs, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Arbeitsagentur Stuttgart. “Denn oft ist das schon planbar. Wenn eine Frau zum Beispiel nur ein Jahr pausiert, ist es vielleicht möglich, ihren Arbeitsplatz freizuhalten. Bei einer dreijährigen Elternzeit ist das schon viel schwieriger.”
Egal, ob jemand nach einem oder nach drei Jahren wieder einsteigen möchte: Wichtig ist es, mit dem Arbeitgeber in Kontakt zu bleiben. Dazu bieten sich eine ganze Fülle von Möglichkeiten an. So haben viele Firmen Kontakthalteprogramme ins Leben gerufen. Auch wenn sie dazu nicht verpflichtet sind, sollten Frauen und Männer in Elternzeit an ihnen teilnehmen. “Besuchen Sie Betriebs- und Weihnachtsfeste, nehmen Sie an Ausflügen teil”, betont Worbs. “Suchen Sie aber auch darüber hinaus den persönlichen Kontakt zu Ihren Kollegen und Vorgesetzten. Denn so erfahren Sie, was in der Firma passiert und bleiben im Gedächtnis.” Auch die Teilnahme an Weiterbildungen in der Elternzeit ist eine gute Gelegenheit, den Anschluss zu behalten.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Anliegen
Der 48-jährigen Michaela Sowoidnich ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein besonderes Anliegen. Denn die Hausdirektorin der Pflegeeinrichtung Robert-Breuning-Stift in Besigheim ist selbst Mutter von drei Kindern. “Ich musste nach der Elternzeit den Arbeitgeber wechseln, weil sich die vorgegebenen Arbeitszeiten und die Betreuung meiner Kinder nicht vereinbaren ließen.” So begann Sowoidnich bei der Evangelischen Heimstiftung. Dort ließ sich beides miteinander verbinden. Sie stieg sogar noch auf: Die Pflegekraft wurde erst Qualitätsbeauftragte, später nahm sie an einem Traineeprogramm teil und arbeitet nun als Führungskraft. “Als mein Mann 2003 tödlich verunglückte, hatte ich eine Vorgesetzte, die mir flexible Arbeitszeiten ermöglichte, damit die Betreuung meiner damals noch kleinen Kinder gewährleistet war .”
Als Führungskraft ermutigt Sowoidnich Mütter in der Elternzeit, mit ihrem Arbeitsplatz Kontakt zu halten. So unterstützt sie Mitarbeiterinnen beim stundenweisen Wiedereinstieg. “Wir bieten zum Beispiel sogenannte ‘Mamaschichten’ an: Mütter müssen dann erst um 8 Uhr kommen und können bereits um 13 Uhr wieder gehen.” Auch abendliche Kurzschichten zwischen 17 und 20.30 Uhr sind möglich. “Ich habe bei einem anderen Arbeitgeber erlebt, dass man mir sagte: ‘Entweder Sie arbeiten 100 Prozent oder gar nicht.’ Das kommt bei uns nicht vor”, betont Sowoidnich. So versucht die Hausdirektorin auch, wiedereingestiegene Führungskräfte nach Möglichkeit zu entlasten, indem etwa die jungen Mütter mit einer weiteren Mitarbeiterin ein Führungstandem bilden und sich beide die Aufgaben teilen. “Das kann natürlich nur funktionieren, wenn das Team harmoniert.”
Flexibilität ist aber nicht nur vom Arbeitgeber gefordert, sondern auch von den Rückkehrenden. Worbs rät gerade den Eltern, die in Teilzeit arbeiten wollen, sich gut auf die Gespräche über den Wiedereinstieg vorzubereiten: “Überlegen Sie genau, wie flexibel Sie selbst seien können. Kann Sie jemand in Ihrer Umgebung bei der Kinderbetreuung unterstützen?” Wer das weiß, kann bei der Planung der künftigen Arbeitszeit viel besser mit seinem Betrieb ins Gespräch kommen und so das Beste für sich und die Firma erreichen. Am Ende kommt es auf das Verhandlungsgeschick der Wiedereinsteigerin und die Flexibilität beider Seiten an. “Vielleicht ist eine Wiedereinsteigerin bereit, auch Termine am späteren Nachmittag wahrzunehmen, wenn sie frühzeitig davon erfährt.”
Gespräche vor der Elternzeit
Die Möglichkeiten, wie Arbeitgeber die Rückkehr in die Berufstätigkeit erleichtern, sind vielfältig. Die Landeshauptstadt Stuttgart bietet zum Beispiel nicht nur Gespräche vor der Elternzeit, einen
Betriebskindergarten und zahlreiche Informationen an, sondern auch eine Qualifizierungsplanung vor dem Wiedereinstieg. “Gerade wenn Mütter nach der Geburt eine längere Auszeit genommen haben, ist das Thema Qualifizierung wichtig. Deshalb beraten wir die Rückkehrerinnen und vereinbaren mit ihnen einen individuellen Fahrplan für notwendige Qualifizierungsmaßnahmen”, betont Claudia Wurst vom Haupt- und Personalamt der Landeshauptstadt Stuttgart.
Teilzeitmodelle
“Durch diese Fortbildungen können sich die Wiedereinsteigerinnen nicht nur inhaltlich auf die neuen Aufgaben vorbereiten, sondern auch schon mal testen, wie der Spagat zwischen Beruf und Familie funktionieren kann. Gerade für Frauen, die viele Jahre nicht berufstätig waren, ist das sehr hilfreich”, so Wurst. Auch in Sachen Teilzeitwünschen kommt die Stadt ihren Mitarbeiterinnen sehr entgegen: “Es gibt praktisch kein Teilzeitmodell, das es bei uns nicht gibt.”
Angela Lechner, Personalverantwortliche für Beruf und Familie bei Daimler berichtet: “Wir bieten untern anderem auch ein Infopaket mit Checklisten rund um das Thema Schwangerschaft und Rückkehr in den Beruf.”
Kontaktehalteprogramme und Betriebskitas
In der Familienpause selbst besteht zwischen dem Unternehmen und den Pausierenden Kontakt, ob nun durch Betriebsfeste, den festen Ansprechpartner im Unternehmen oder durch Dialog- und Informationstreffen. Auch mit der zuständigen Führungskraft bleiben die Mitarbeiter in Elternzeit in Kontakt, so dass die Rückkehr für beide Seiten gut planbar ist. Lechner: “Da wir mit den ‘Sternchen’ eigene Betriebskindertagesstätten haben, fangen immer mehr Frauen bei uns wieder Vollzeit an.” Unterschiedlichste Teilzeitlösungen sind in dem Unternehmen ebenfalls eine Selbstverständlichkeit.
(Veröffentlicht bei der Stuttgarter Zeitung, Mai 2014)
(Copyright 2014 by Anja Schreiber)