Wie der Berufseinstieg mit Bachelorabschluss gelingt

Nach dem Bachelorstudium in den Beruf: Wer sich dafür entscheidet, hat gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Obwohl immer noch ein großer Anteil der Hochschulabsolventen ein Masterstudium anschließt, ist dies aus Sicht der Unternehmen in vielen Fällen nicht notwendig. Entscheidend für den Erfolg beim Berufseinstieg ist besonders die praktische Erfahrung.

Wie der Berufseinstieg mit Bachelor-Abschluss gelingt.
Wie der Berufseinstieg mit Bachelorabschluss gelingt.

Für wen dieser Artikel besonders interessant ist:

  • Schulabgänger, Studierende und Berufseinsteiger.

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Welche Chancen Bachelorabsolventen auf dem Arbeitsmarkt haben.
  • Was die Arbeitgeber von ihnen erwarten.
  • Linkempfehlungen.

Direkt nach dem Bachelor in den Job

Bachelorabsolventen sind in allen Branchen und Betriebsgrößen willkommen“, betont Dr. Irene Seling, stellvertretende Abteilungsleiterin Berufliche Bildung bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Dennoch streben viele Hochschulabsolventen ein Masterabschluss an: „Die Übergangsquote vom Bachelor- zum Masterstudium liegt zwischen 70 und 75 Prozent. Das ist aus unserer Sicht zu hoch.“

Einen zwingenden Grund für ein weiterführendes Studium gebe es in der Regel nicht: „Für das Einkommen spielt der höhere Abschluss keine wesentliche Rolle“, so Seling. „Denn das Gehalt richtet sich nach der Aufgabe und Verantwortung im Unternehmen.“ Aus finanziellen Gründen lohne sich ein längeres Studium also kaum. Besondere Angst vor Arbeitslosigkeit brauchen Hochschulabsolventen ebenfalls nicht zu haben: „Die Arbeitslosenquote liegt bei Akademikern um die 2,5 Prozent. Es herrscht also quasi Vollbeschäftigung.“

Praktische Erfahrung ist entscheidend

Ingrid Arbeitlang, Beraterin für akademische Berufe bei der Arbeitsagentur Berlin-Süd, unterstreicht: „Ausschlaggebend für einen erfolgreichen Berufseinstieg ist, dass die Bewerber nicht nur theoretisches Wissen mitbringen, sondern im Studium zusätzlich praktische Erfahrungen gesammelt haben.“ In bestimmten Fächern wie in den Naturwissenschaften ist ein höherer Abschluss allerdings erforderlich: „Dort wird meist ein Master oder sogar eine Promotion vorausgesetzt.“

Praktische Erfahrung hat auch Bianca Roeder gesammelt. Die 24-Jährige erwarb ihren Informatik-Bachelor an der Hochschule für Technik in Stuttgart. Ihren jetzigen Arbeitgeber – den Technologiekonzern Bosch – lernte sie während ihres Studiums im Rahmen eines Pflichtpraktikums kennen. Sie arbeitete bereits damals im Bereich für Smart-Home-Lösungen, in der sie auch heute noch tätig ist.

Praktika zählen

Am Ende ihres Praktikums bekam Roeder das Angebot, dort auch ihre Bachelorarbeit zu schreiben. „Es ging dabei um sogenannte NFC-Tags. Diese machen die kabellose Datenübertragung zum Beispiel von einem Heizungsthermostat aufs Handy möglich.“ Die junge Informatikerin interessierte sich für das Thema und nahm die Gelegenheit wahr. Danach stand sie vor der Entscheidung, entweder weiter zu studieren oder eine Stelle als Software-Entwicklerin bei Bosch anzunehmen: „Als mir schon ein Masterstudienplatz sicher war, bot mir mein Chef bei Bosch an, fest einzusteigen. Ich würde gut ins Team passen, meinte er.“ Nach Rücksprache mit ihren Professoren hat sie sich 2014 für den Berufseinstieg entschieden. „Das war genau richtig und ich würde es heute wieder so machen.“

Heute arbeitet Roeder in einem Entwicklungsteam daran, wie sich Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen oder Trockner vom Handy aus steuern lassen. „Den Master strebe ich aktuell nicht mehr an“, betont die Entwicklerin. Ihre berufliche Zukunft hat sie dagegen klar im Blick: „Ich möchte mich im Bereich des Projekt- und Teammanagements weiterentwickeln und belege bereits Schulungen zu diesen Themen.“

Das Beispiel der Bachelorabsolventin zeigt, dass beim Berufseinstieg vor allem praktische Erfahrungen und erste Kontakte zur Berufswelt zählen. Arbeitlang: „Besonders große Bedeutung haben Praktika. Deshalb sollten Hochschüler, deren Studiengänge keine längeren Praxisphasen vorsehen, sich selbst darum bemühen.“ Ist das im normalen Studienalltag aufgrund der Anwesenheitspflicht nicht möglich, rät die Beraterin dazu, lieber länger zu studieren als auf Praxiserfahrung zu verzichten.

Längere Studienzeit sind meist kein Problem

„Studierende scheuen aber oft davor zurück, die Regelstudienzeit zu verlängern. Sie glauben, dass dadurch ihre Arbeitsmarktchancen sinken“, berichtet Arbeitlang. Doch bei guten Gründen sei das nicht der Fall.

Auch Vera Winter, Leiterin „Talent Relationship Management“ bei Bosch, betont: „Ein längeres Studium ist kein Einstellungshindernis.“ Bachelor-Absolventen, die länger als die Regelstudienzeit studiert haben, seien für das Unternehmen interessant, wenn sie die für die jeweilige Stelle passenden Praxiserfahrungen mitbringen. „Wir begrüßen es  ausdrücklich, dass sich Studierende Zeit nehmen, um zum Beispiel Auslandserfahrungen zu sammeln oder Praktika zu absolvieren.“

Wo ein Master gewünscht ist

Grundsätzlich differenziert Bosch in seinen Stellenausschreibungen nicht nach Abschlussart. In den Anzeigen erwartet das Unternehmen oft nur noch einen Hochschulabschluss. Winter: „Wir haben eine hohe Anzahl an Bachelorabsolventen. Nur im Bereich ‚Forschung und Entwicklung‘ suchen wir meist Master.“ Schließlich brauche der Konzern dort Spezialisten mit mehr wissenschaftlicher Erfahrung.

Tina Schiffel, Teamleiterin Recruiting Deutschland bei der Siemens AG, betont ebenfalls: „Entscheidend ist, dass die Kompetenzen der Bewerber zu den Anforderungen der Stelle passen. Das Gesamtbild muss stimmen.“ Der Titel sei weniger wichtig. Ihr Tipp an die Studierenden: Sie sollten sich im Studium ausprobieren, um so herauszufinden, welche Themen ihnen besonders gefallen und mit welchen sie sich im Beruf beschäftigen wollen. „Neben Praktika bieten sich dafür zum Beispiel auch Vorträge, Netzwerktreffen und Werksstudentenjobs an.“

Werkstudententätigkeit als Plus

Arbeitlang rät ebenfalls zu Werksstudententätigkeiten: „Studierende sollten in jener Branche jobben, in der sie später beruflich einsteigen wollen, statt nur irgendeinen Minijob zu machen wie zum Beispiel Messehostess oder Kellner.“

Konzerne wie Siemens haben grundsätzlich an der ganzen Bandbreite von Akademikern Interesse: Vom Bachelor über den Master bis hin zum Doktoranden und Promovierten. Die verschiedenen Traineeprogramme von Siemens richten sich sowohl an Bachelor als auch an Master. „Nach den ersten zwei oder drei Berufsjahren haben bei uns die Bachelorabsolventen die gleichen Weiterentwicklungsoptionen wie die Master“, erklärt Schiffel.

Chancen auf Karriere

Auch bei Bosch bestehen für alle Absolventengruppen Chancen für den beruflichen Aufstieg. Winter:„Unsere Mitarbeiter können ganz unterschiedliche Laufbahnen einschlagen. Sie haben die Option, Fachaufgaben, aber auch Führungs- und Projektverantwortung zu übernehmen. Niemand muss auf einer bestimmten Karriereschiene bleiben.“

Seling sieht zudem die Perspektive, nach einer ersten berufspraktischen Phase ein Masterstudium zu absolvieren: „Viele Unternehmen bieten ihren Beschäftigten berufsbegleitende Masterprogramme an. Sie beteiligen sich nicht selten an den Studienkosten oder ermöglichen Teilzeitregelungen.“

Auch wenn sich Bachelorabsolventen in den meisten Fällen keine Sorgen um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt machen müssen, hält sich die Zufriedenheit der Unternehmen über diese in Grenzen. Das belegt eine aktuelle Unternehmensbefragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Danach sehen nur noch 47 Prozent der Betriebe ihre Erwartungen an die Bachelor-Absolventen als erfüllt an. 2011 waren das noch rund 63 Prozent der Unternehmen. Der Zufriedenheitswert mit den Masterabschlüssen liegt mit rund 78 Prozent deutlich höher. „Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass es grundsätzlich besser ist, einen Master zu machen“, betont Julia Flasdick, Referatsleiterin Hochschulpolitik beim DIHK. Sie erkennt ein differenziertes Bild: „So sind zum Beispiel Großunternehmen mit ihren Bachelors häufig zufriedener als kleine und mittlere Betriebe.“

Der häufigste Grund für die Unzufriedenheit mit Bachelorabsolventen ist laut DIHK die fehlende Anwendungsorientierung vieler Studiengänge. „Auch mangelt es den jungen Leuten oft an methodischen und sozialen Kompetenzen“, erklärt Flasdick. Sie sieht vielfach aufseiten der Hochschulen noch Handlungsbedarf, diese im Studium noch stärker zu vermitteln.

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(Hauptartikel veröffentlicht in der Berliner Zeitung, Dezember 2016)

(Copyright 2016 by Anja Schreiber)

Anja Schreiber
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine, Onlinemedien und eine wissenschaftliche Publikation. Außerdem bloggt sie regelmäßig.

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