Die falsche Arbeitgeber-Wahl kann schnell zum Problem werden. Deshalb gilt: Suchen Sie ein Unternehmen, das zu Ihnen passt!
Für wen dieser Artikel besonders interessant ist:
- Berufseinsteiger, Berufserfahrene und Neustarter.
“Die Frage nach dem richtigen Arbeitgeber stellt sich nicht nur für hochqualifizierte Arbeitnehmer oder in Zeiten eines freundlichen Arbeitsmarktes. Denn eine falsche Arbeitgeber-Wahl wirkt sich immer negativ aus”, berichtet Doris Reif-Woelki, Pressesprecherin der Arbeitsagentur Stuttgart. So sehe eine Kündigung in der Probezeit in keinem Lebenslauf gut aus. “Bei jeder darauffolgenden Neueinstellung werden Sie gefragt, was los war. Dann kommen Sie eventuell in Erklärungsnot.” Deshalb empfiehlt sie allen Bewerbern, nicht wahllos zu suchen. Bei Akademikern und anderen Hochqualifizierten gelte das natürlich in einem besonderen Maß.
Aktionismus meist nicht zielführend
“Wer den passenden Arbeitgeber finden will, sollte seine Suche als Prozess verstehen und damit so früh wie möglich beginnen”, betont Heinz-Wilhelm Seegers, Berater im Team “Akademische Berufe” bei der Arbeitsagentur Stuttgart. “Ad hoc-Aktionismus ist meist nicht zielführend!”
Am Anfang steht nicht die Suche nach einem Arbeitsplatz, sondern der Blick auf sich selbst. Seegers rät, sich über seine fachlichen und persönlichen Eignungen, Neigungen und Fähigkeiten klar zu werden. Da die Passgenauigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht nur von fachlichen Fähigkeiten, sondern auch von weichen Faktoren abhängt, empfiehlt er Bewerbern, sich folgende Fragen zu stellen: “Wie ticke ich? Bin ich extrovertiert oder in mich gekehrt? Bin ich Teamplayer oder Einzelgänger, karriere- oder freizeitorientiert? Werde ich gerne geführt oder führe ich lieber? Bin ich ein Motivator, Umsetzer oder ein akribischer Analytiker?”
Auch berufliche Rahmenbedingungen sollten Jobsuchende mitbedenken. Wie wichtig sind dem Bewerber zum Beispiel geregelte Arbeitszeiten oder ein hohes Gehalt? Ist er bereit, an wechselnden Arbeitsorten zu arbeiten oder bevorzugt er einen gleichbleibenden Ort? Hat er bestimmte Wunschvorstellungen über seinem Arbeitgeber, zum Beispiel über seine Reputation, Führungsstil, Arbeitsklima oder Dresscode? Sind alle diese Frage beantwortet, lässt sich daraus in der Regel ein klares Profil ableiten. In einem nächsten Schritt geht es dann darum, zu welcher Firma und zu welchem Arbeitsplatz dieses Profil passt.
Sich ein Bild von der Zielbranche machen
“Für Berufseinsteiger und Berufs- sowie Branchenwechsler ist es gar nicht so leicht herauszufinden, zu welchem Unternehmen sie wirklich passen”, betont der Stuttgarter Bewerbungscoach Thomas Goetze. “Denn sie haben kein vertieftes Wissen über ihre Zielbranche und deren Unternehmen. Das ist bei branchenerfahrenen Bewerbern anders.” Umso wichtiger ist es, sich ein umfassendes Bild von den Betrieben zu machen, bei denen sich der Jobsuchende bewerben will. “Verlassen Sie sich nicht allein auf die Selbstdarstellung in Unternehmensbroschüren und im Internet, sondern nutzen Sie möglichst vielfältige Informationskanäle, wie zum Beispiel Presseartikel, Blogeinträge oder Erfahrungsberichte in Sozialen Netzwerken.”
Seegers: “Besuchen Sie auch die verschiedenen Bewertungsportale wie etwa kununu.de oder jobvoting.de. Hier bewerten Mitarbeiter ihre Unternehmen. So erfahren Sie auch etwas über die Schwächen der Firmen.” Neben der Internetrecherche legt der Berater Bewerbern auch die Informationssuche im realen Leben ans Herz: “Sprechen Sie mit Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern aus Ihrem Bekanntenkreis und befragen sie diese nach ihrer Erfahrung.”
Auch bei der Arbeitsagentur können Bewerber zusätzliche Informationen über Arbeitgeber bekommen: “Wir erhalten häufig von ehemaligen Beschäftigten und Bewerbern Rückmeldungen zu Unternehmen. Wenn wir hier verdichtete positive oder negative Erkenntnisse haben, geben wir diese gerne weiter“, so Seegers.
Auf die innere Stimme hören
Wer den richtigen Arbeitgeber für sich finden will, sollte sich aber nicht nur auf das Urteil Anderer verlassen, sondern auch selber auf die verbale und nonverbale Kommunikation des Unternehmens achten und auf seine innere Stimme hören. “Wird Ihnen zum Beispiel während des Bewerbungsverfahrens auf Augenhöhe begegnet? Kommuniziert Ihr Gegenüber respektvoll mit Ihnen oder vermissen Sie Signale der persönlichen Wertschätzung? Die Antworten auf diese Fragen verraten Ihnen, wie wohl Sie sich bei diesem Unternehmen fühlen”, so Götze. Und dieses Bauchgefühl ist ein wichtiger Hinweis darauf, ob das Unternehmen zu Ihnen passt.
Auch während eines Praktikums oder einiger Probearbeitstage können sich Bewerber ein Bild vom Betrieb zu machen. “Achten Sie in dieser Zeit darauf, wie es um das Arbeitsklima und die Mitarbeiterorientierung im Unternehmen bestellt ist”, so Seegers.
Hinweise im Bewerbungsverfahren
Der Karrierecoach und Autor des Buches “Ich arbeite in einem Irrenhaus” Martin Wehrle kennt noch weitere aussagekräftige Hinweise im Bewerbungsverfahren: “Besonders wichtig ist die Stellenanzeige: Wie oft ist sie zum Beispiel erschienen? Wenn dieselbe Stelle alle drei, vier Monate wieder angeboten wird, ist etwas faul. Das kann auf überzogene Ansprüche des Chefs hindeuten. Oder auf eine schlechte Einarbeitung. Jedenfalls scheint es dort niemand lange auszuhalten.”
Wie offen eine Firma ist, können Bewerber schon daran sehen, so Wehrle, ob in der Ausschreibung ein Ansprechpartner mit Telefonnummer genannt ist und sie eingeladen werden, die Firma mit Fragen zu kontaktieren. “Ist das nicht der Fall, sind Fragen offenbar unerwünscht. Das deutet auf schlechte Kommunikation hin.”
Der Buchautor empfiehlt, auch die Kommunikation im Bewerbungsgespräch genau zu analysieren: “Achten Sie zum Beispiel darauf, ob Ihr Gesprächspartner Ihren Lebenslauf überhaupt kennt.” Wenn der Personaler fragt, ob der Bewerber auch mal im Ausland war, obwohl das aus den Unterlagen hervorgeht, dann ist er einfach schlecht vorbereitet. “Das ist ein Ausdruck der Geringschätzung.” Genauso wichtig ist die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander: “Wie gehen die Gesprächsführer miteinander oder mit der Sekretärin um, die den Kaffee bringt? Wenn hier ein rauer Ton herrscht, weiß der Bewerber genau, was ihn später erwartet.” Jetzt muss er sich fragen, ob er sich in einem solchen Betriebsklima wohlfühlen wird und in der Lage ist, seine volle Leistung zu bringen.
(Veröffentlicht bei Stuttgarter Zeitung, Februar 2012)
(Copyright 2012 by Anja Schreiber)