Wie Sie Ihre Stärken im Beruf erkennen und nutzen

„Was sind Ihre Stärken?“ Diese Frage gehört zu den Standards im Vorstellungsgespräch. Doch das Wissen um das eigene Können ist nicht nur im Bewerbungsverfahren wichtig, sondern beeinflusst auch die eigene Zufriedenheit. Immer mehr Unternehmen setzen zudem auf die Stärken ihrer Mitarbeiter. Viele Berufstätige wissen aber gar nicht, wo ihre Vorzüge und Kompetenzen liegen.

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Für wen dieser Artikel besonders interessant ist:

  • Studierende, Berufseinsteiger, Berufserfahrene, Neustarter und Sehnsüchtige

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Warum das Wissen um die eigenen Stärken im Beruf wichtig ist.
  • Wie Sie herausfinden, was Ihre Stärken sind.
  • Wie Sie Aufgaben finden, die zu Ihren Talenten passen.
  • Linkempfehlungen.
  • Literaturempfehlungen.

Wie Sie mit Ihren Stärken im Job punkten

„Der Druck in den Unternehmen steigt. Umso wichtiger wird es, diesem Druck mit organisatorischen Mitteln zu begegnen, die den Firmen kein Geld kosten“, erklärt Eva Hönnecke, Karrierecoach aus Berlin. „Deshalb verfolgen Arbeitgeber zunehmend einen stärkeorientierten Ansatz.“ Der Grund dafür liegt auf der Hand: Ein Arbeitnehmer, der das macht, was er am besten kann, ist am effektivsten. Außerdem führt das natürlich auch zu höherer Zufriedenheit unter den Beschäftigten.

Die Autorin des Buches „Stärken stärken“ Monika Heilmann ergänzt: „An seinen Talenten zu arbeiten ist für den Einzelnen motivierender als seine Schwachstellen auszubügeln. Der Kraftaufwand ist geringer und die Erfolgserlebnisse sind größer.“

Die Stärken der Mitarbeiter als Vorteil für Unternehmen

Hönnecke weiß, dass Führungskräfte zunehmend ihre Aufgabe darin sehen, die Fähigkeiten der Teammitglieder zu entwickeln: „Auch für ein Unternehmen ist es viel effektiver, die Stärken der Beschäftigten auszubauen, als  überwiegend an den Schwächen herumzudoktern.“

Die Firmen wollen, dass die Kompetenzen des Berufstätigen zum Arbeitsplatz passen, erklärt Heilmann. Diese Passgenauigkeit führe gleichzeitig zu selbstbewussten Arbeitnehmern. „Und genau solche Mitarbeiter brauchen heutzutage die Arbeitgeber.“

Fokussiert auf Schwächen

Allerdings gibt es in Deutschland einen spezifischen kulturellen Umgang mit Talenten: „Bei uns sind Menschen mehr auf ihre Schwächen fokussiert als auf ihre Stärken … anders als zum Beispiel in den USA“, so Hönnecke. „Wenn Amerikaner über ihre Leistungsfähigkeit reden, kommt das uns Deutschen oft so vor, als tragen sie zu dick auf.“ Doch sie sieht hier auch einen Wertewandel: „Der stärkeorientierte Ansatz gehört in immer mehr Konzernen zur Unternehmenskultur. Bei vielen kleineren Firmen ist diese Veränderung aber noch nicht angekommen.“

Dass in Deutschland eine ausgeprägte Fehlerkultur existiert, weiß auch die Stuttgarter Trainerin Heilmann: „Wenn ich in meinen Seminaren nach Stärken frage, dann stutzen die Teilnehmer. Schwächen können sie dagegen sofort benennen.“

Zweifel nach längerer Berufstätigkeit

Die Hamburger Buchautorin und Karriereberaterin Svenja Hofert erlebt in ihren Coachings immer wieder Menschen, die unsicher sind: „Sie fragen sich oft, was kann ich wirklich? Meist stellt sich dieser Zweifel nach einer längeren Berufstätigkeit ein. Sie wissen zwar, dass sie ihren Job ganz gut machen, aber eigentlich langweilt er sie.“ In der Regel war ihre Studien- und Berufswahl eine sozial bedingte Entscheidung, die von Eltern und Freunden mitbestimmt wurde. „Die wirklichen Stärken konnten diese Menschen im Beruf bisher noch nicht ausleben.“

Stärken und Schwächen im Bewerbungsverfahren

Julia Lakämper, Coach aus Berlin, unterstützt unter anderem Arbeitslose. „Egal, ob Jobsucher selbst gekündigt haben oder gekündigt worden sind: Oft ist ihr Selbstbewusstsein im Keller. Sie sehen nur ihre Niederlagen, aber nicht ihre Fähigkeiten.“ Aber genau diese Konzentration auf Schwachstellen ist bei der Bewerbung ein großes Problem. Denn mit geringem Selbstvertrauen sinken die Chancen auf Erfolg. Auch beim nächsten Karriereschritt ist Klarheit über die eigenen Kompetenzen gefragt: „Nur wer weiß, was er will und kann, ist in der Lage, sein Ziel zu erreichen. Gerade Frauen fällt es aber schwer, über Stärken zu reden.“  Lakämper hat den Eindruck, als bräuchten diese erst einmal eine Erlaubnis, darüber zu kommunizieren.

Um bei ihren Klienten ein Bewusstsein für Stärken zu schaffen, nutzt beispielsweise Lakämper Persönlichkeitstests: „Diese helfen den Menschen, sich selbst näher kennenzulernen und über sich zu reflektieren.“ Als Coach kennt sie das Phänomen, dass zum Beispiel Jobsuchende selbst ihre Talente oft als Schwächen wahrnehmen. „Eine Kundin hat ihr Harmoniestreben als Problem angesehen.“ Dabei sei dieses Verhalten in Teams eine gefragte Kompetenz.

Eigene Stärken erkennen

Wo die eigenen Talente liegen, ist gar nicht so schwer zu erkennen. So fragt Heilmann ihre Klienten: „Was macht Ihnen Spaß im Leben? Wann sind Sie zufrieden und gut gelaunt?“ Die Antworten darauf sollten sich die Berufstätigen aufschreiben. „Sie können zum Beispiel ein Erfolgtagebuch führen, in dem Sie alles notieren, was Ihnen gut gelingt.“ Wer so ein Buch Jahre später wieder aufschlägt, erkennt dann, welche Entwicklungsschritte er selbst gegangen ist.

Arbeitnehmer sollten auch herausfinden, wann sie bereit sind, eine Extrameile zu gehen, rät Hofert, Autorin des Buches  “Was sind meine Stärken?”. „Wertvolle Hinweise gibt außerdem die innere Stimme.“ Allerdings bedeute das noch lange nicht, dass Talente keine Übung bräuchten … ganz im Gegenteil.

Reflexionsprozess anstoßen

Hönnecke: „Führungskräfte können ebenfalls einen Reflexionsprozess anstoßen, indem sie ihren Teammitgliedern positives Feedback geben und so Impulse setzen.“ Vielleicht erstellt eine Kollegin besonders gute Präsentationen. So eine Fähigkeit lässt sich natürlich für das ganze Team nutzen. Außerdem bringt die positive Rückmeldung noch einen weiteren Vorteil mit sich: „Die Mitarbeiter erleben das Gefühl, wertvoll zu sein.“

Um seine wirklichen Stärken zu entdecken, empfiehlt Hofert, Neues auszuprobieren. „Viele Berufstätige erkennen zum Beispiel in der Elternzeit oder während eines Sabbaticals, welche Talente in ihnen schlummern.“ So arbeitete eine Klientin als Assistentin der Geschäftsführung … und das mit Erfolg. In der Freizeit entdeckte sie aber eine andere Fähigkeit, die sie im Beruf gar nicht brauchte: Sie konnte gut Jugendliche motivieren und führen.

Passende Aufgaben suchen

So wichtig die Selbstbeoachtung ist, um den eigenen Gaben auf die Spur zu kommen, es braucht auch Selbstreflexion. Deshalb rät Hofert ihren Klienten, nach einer Zeit des Ausprobierens einen Kassensturz zu machen. „Dabei sollten Sie sich fragen, was Sie fühlen: Was tun Sie wirklich gern? Wie möchten Sie sich weiterentwickeln?“

Nach der Entdeckung der eigenen Stärken rät Heilmann: „Im nächsten Schritt sollten Sie sich Aufgaben suchen, die zu Ihren Talenten passen.“ Statt abzuwarten, sollten die Berufstätigen also selbst aktiv werden und sich zum Beispiel um die Mitarbeit bei einem Projekt bemühen, das ihrem Leistungsprofil entgegenkommt.

Mit dem Vorgesetzen sprechen

Auch Lakämper ermutigt ihre Klienten, ihren Alltag in die eigenen Hände zu nehmen. „Viele meiner Kunden haben zwar einen Job, sind aber unzufrieden. Es macht also für sie Sinn, ein Feedbackgespräch mit dem Vorgesetzten einzufordern und dann gemeinsam nach Lösungen Ausschau zu halten, wie sich ihre Fähigkeiten in den Arbeitsalltag integrieren lassen.“

Manche Berufstätige können sich nicht vorstellen, ihre Stärken im beruflichen Kontext auszuleben. Lakämper: „Viele können nicht träumen. Dabei zeigen unzählige Beispiele, dass sich dies lohnt.“ So berichtet sie von einer PR-Beraterin, die eine besondere Begabung im sozialen Bereich hatte, aber nicht noch einmal Sozialpädagogik studieren wollte. „Heute betreibt sie erfolgreich  nebenberuflich einen Skatepark.“

So lernen Sie Ihre Stärken kennen

Viele Menschen können stundenlang über ihre Fehler reden, aber zu ihren Stärken fällt ihnen nichts ein. Mit diesen Fragen kommen Sie sich selbst auf die Spur:

  • Was kann ich wirklich ausgezeichnet?
  • Was kann ich gut?
  • Welche Fähigkeiten machen mir am meisten Spaß?
  • Welche Qualifikationen habe ich im Laufe der Zeit erworben?
  • Welche Kompetenzen machen mich in meinen Augen erfolgreich?
  • Worin sehen andere meine Stärken?
  • Inwieweit stimme ich ihrer Einschätzung zu?
  • Inwieweit stimme ich nicht zu?

Am besten betrachten Sie Ihre unterschiedlichen Lebensbereiche wie etwa Beruf, Partnerschaft, Familie, Freundschaften, Verein, Hobby, Sport, Ehrenamt etc. Stellen Sie sich zu jedem dieser Lebensbereiche die oben genannten Fragen. Denn auch im privaten Bereich zeigen sich viele Kompetenzen, die Sie im beruflichen Alltag nutzen können.

Lassen Sie sich auch von Ihrer Vergangenheit inspirieren:

  • Was konnte ich vor einigen Jahren richtig gut?
  • Was waren meine Stärken in meiner Kindheit und Jugend, im jungen Erwachsenenalter?

Vielleicht sind im Laufe der Zeit einige Ihrer Stärken etwas in den Hintergrund getreten, weil Sie diese nicht mehr gebraucht haben. Aber es könnte sein, dass Sie diese wieder reaktivieren können. Versuchen Sie es mal!

Fragen an Sie:

Ich freue mich, dass Sie diesen Artikel gelesen haben! Jetzt möchte ich Ihnen ein paar Fragen stellen:

  • Kennen Sie Ihre Stärken?
  • Wie haben Sie herausgefunden, was Sie wirklich gut können?
  • Können Sie diese Talente in Ihrem Beruf einbringen?
  • Wie haben Sie das geschafft?
  • Welche Tipps würden Sie Anderen geben?
  • Gefällt Ihnen der Artikel? Ist er hilfreich? Dann würde ich mich über einen Like auf meiner Facebookseite freuen!

Bitte schreiben Sie auch einen Kommentar! Vielen Dank!

Meine Linkempfehlungen:

Mein Literaturempfehlungen:

  • Monika Heilmann: 30 Minuten Stärken stärken, Gabal Verlag (Offenbach) 2016, 96 Seiten, Buch: 8,90 Euro, E-Book: 7,99 Euro
  • Svenja Hofert: Was sind meine Stärken? Entdecke, was in dir steckt, Gabal Verlag (Offenbach) 2016, 224 Seiten, Buch: 24,90 Euro, E-Book: 20,99 Euro.

(Hauptartikel veröffentlicht in der Berliner Zeitung, 2017)

(Copyright 2017 by Anja Schreiber)

Anja Schreiber
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine, Onlinemedien und eine wissenschaftliche Publikation. Außerdem bloggt sie regelmäßig.

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